Donnerstag, 21. September 2017

Caspar David Friedrich Kalender am 22. September 2017: Gefühlt Friedrich II.

Johann Friedrich Boeck: Kreidefelsen auf Rügen.
Um 1840, Öl auf Leinwand, 67 x 75 cm, Privatbesitz

Vermutlich im September 1833 wird Johann Friedrich Boeck Schüler an der Dresdner Kunstakademie. Der 1811 in Greifswald geborene Maler machte den Versuch, sich Caspar David Friedrichs Motive und Stilistik zu bemächtigen, was augenscheinlich nur unzureichend gelang. Das Gemälde Kreidefelsen auf Rügen wurde kürzlich für 16.250 Euro versteigert.

Johann Friedrich Boeck; Ostseestrand bei Vollmond.
Um 1840, Öl auf Leinwand, 31,5 x 43,5 cm, Privatbesitz

Johann Friedrich Boeck: Greifswalder Hafen. Um 1840, Öl auf
Leinwand,41.4 × 58.6 cm , Pommersches Landesmuseum Greifswald

Caspar David Friedrich Kalender am 21. September 2017: Herbstdepression

Caspar David Friedrich: Meeresküste bei Mondschein. 1830,
Öl auf Leinwand, 77 x 97 cm, Berlin Nationalgalerie

Im September 1829 wandte sich der Arzt und Maler Carl Gustav Carus nach gut zehnjähriger Freundschaft von Caspar David Friedrich ab. Er schrieb darüber:

Von Friedrich muss einmal ausführlich schreiben, über ihm hängt seit ein paar Jahren eine dicke trübe Wolke geistig unklarer Zustände dieweil sie ihn zu schroffen Ungerechtigkeiten gegen die Seinigen verleiten, der ich offen mich hierüber gegen ihn ausgesprochen, von ihm ganz abgelöst haben.

Friedrich litt einen großen Teil seines Lebens unter depressiven Schüben, die sich im September mit dem Eintritt in die dunklere Jahreszeit verstärkten. Über die Ursachen kann man nur spekulieren. Am wahrscheinlichsten ist dafür ein erheblicher Selbstwertkonflikt verantwortlich, den der Maler mit sich herum trug. Der Schiffbruch gilt bei ihm als ein typisches Depressionsmotiv. An dem Gemälde Meeresküste mit Mondschein hat Friedrich sehr wahrscheinlich  im September 1829 in seinem Dresdner Atelier gearbeitet.

Dienstag, 19. September 2017

Caspar David Friedrich Kalender am 20. September 2017: Der junge Epigone

Albert Zimmermann: Walpurgisnacht (Aus Goethes Faust), vor 1866

August Albert Zimmermann wurde am 20. September 1808 in Zittau geboren. In seiner Jugend interessierte er sich für die Landschaftsmalerei und bildete sich autodidaktisch aus und ging 1830 nach Dresden, um seinem Vorbild Caspar David Friedrich nahe zu sein. Von Dresden aus machte er in der sächsischen Schweiz und im böhmischen Erzgebirge Studien. Zimmermanns Landschaften ragten nicht über das Schaffen der Landschaftsmaler seiner Generation hinaus, aber lud wie Friedrich das Sujet mit romantischen Bilderzählungen auf, wie in dem Gemälde zu Goethes Faust-Szene auf dem Blocksberg.

Montag, 18. September 2017

Caspar David Friedrich Kalender am 18. September 2017: Wunderbar oder wunderlich?

Joseph Karl Stieler: Johann Wolfgang von Goethe. 1828,
Öl auf Leinwand, 78 × 63.8 cm, Neue Pinakothek München

Am 18. September 1810 besucht Johann Wolfgang von Goethe den Maler Caspar David Friedrich in seinem Dresdner Atelier. In sein Tagebuch notierte der Dichterfürst zwei wunderbare Landschaften gesehen. Gemeint waren damit die beiden Gemälde Der Mönch am Meer und Abtei im Eichwald. Nun ist von Goethe bekannt, dass er den Mönch am Meer nicht mochte, nicht einmal für Kunst hielt. Die Kunsthistoriker rätselten, wie man den Tagebucheintrag deuten sollte? Goethe hat das Wort wunderbar oft ambivalent, mehr im Sinne von wundersam, wunderlich verwendet. Das scheint des Pudels Kern. Hier ein Beispiel für einen solchen Gebrauch des Wortes in einem Goethe-Zitat.

Gewiß bleibt es wunderbar, daß der Mensch das große Vorrecht, nach seinem Tode noch über seine Habe zu disponieren, sehr selten zu Gunsten seiner Lieblinge gebraucht und, wie es scheint aus Achtung für das Herkommen, nur diejenigen begünstigt, die nach ihm sein Vermögen besitzen würden, wenn er auch selbst keinen Willen hätte.


Caspar David Friedrich: Abtei im Eichwald. Um 1809,
Öl auf Leinwand, 110 x 171,5 cm, Berlin Nationalgalerie
Caspar David Friedrich: Der Mönch am Meer. Um 1809,
Öl auf Leinwand, 110 x 171,5 cm, Berlin Nationalgalerie

Sonntag, 17. September 2017

Caspar David Friedrich Kalender am 19. September 2017: Stadt der Träume

Caspar David Friedrich: Gebirgige Flusslandschaft. Beleuchtete Nachtseite, 1830/35,
Transparentmalerei, 76 x 130 cm, Kassel, Staatliche Kunstsammlungen

Diese Bild könnt die Stimmung eines Septemberabends einfangen. Die sonst in Bildpaaren dargestellte Tageszeiten- und Lebensalterthematik vereinigt Caspar David Friedrich hier durch eine doppelseitige Bemalung eines Bildes. Auf der Seite der Morgenstimmung gleiten Menschen in einem Kahn der nebeligen Morgensonne entgegen. Die Nachtszene zeigt das selbe Motiv und macht im Hintergrund eine Stadt mit Türmen sichtbar, vom Licht des Vollmondes beschienen, zwischen beidseitig ansteigenden Gebirgszügen. Hinter das Transparentbild musste eine Kerze zur Beleuchtung gestellt werden.

Friedrich hatte die Silhoutten der Stadt Neubrandenburg mit der Marienkirche im Zentrum in mehreren Bildern gotisch idealisiert. Hier treibt der Maler diese Idealisierung noch weiter am Ende des Tollensesees vom Südende her gesehen, einschließlich der Darstellung der umgebenden Hügellandschaft als Gebirge. Die heutige Landbrücke bei Nonnenhof war um 1800 durch einen erhöhten Wasserstand des Sees im Frühjahr und im Herbst nur noch als zwei charakteristische Inseln zu sehen.


Caspar David Friedrich: Gebirgige Flusslandschaft. Tagseite,1830/35,
Transparentmalerei, 76 x 130 cm, Kassel, Staatliche Kunstsammlungen

Caspar David Friedrich Kalender am 17. September: Männernachmittag auf dem Friedhof

Caspar David Friedrich: Grabkreuz. 17. September,
Bleistift, 17,3 x 21,1 cm, Kupferstichkabinett Dresden

Am Nachmittag des 17. September 1824 sitzen Caspar David Friedrich und sein Freund, der Arzt und Maler Carl Gustav Carus, gemeinsam auf dem Briesnitzer Friedhof und zeichnen das gleiche Grabkreuz. Wie andere Zeichnungen belegen, hat es die beiden Maler öfter auf diesen Friedhof von Briesnitz, heute ein Stadtteil von Dresden, gezogen. Auch andere Zeichner fanden an dem Ort gefallen, wie Carl Wilhelm Arldt. Die Dresdner gingen dort gern spazieren.

Carus schrieb in seinen Lebenserinnerungen:

Ich bewahre noch in meinen Portfeuillen nebeneinander die sauberen Bleistiftzeichnungen eines mit Winden gar anmuthig umwachsenen eisernen Kreuzes auf dem schön gelegenen Kirchhofe des Dorfes Priesnitz bei Dresden, welche wir beide nebeneinander sitzend, treulich und bestens vollendet hatten, und jeder Betrachtende wird zwei ganz verschiedene Blätter und noch Ein [sic!] Object erkennen, so wenig wir es doch auf irgendeine ideale, sondern nur auf ganz treue Naturauffassung abgesehen hatten.

Carl Gustav Carus: Grabkreuz auf dem
Briesnitzer Friedhof. 17. September 1824,
Bleistift, 18 x 12,1 cm Kupferstichkabinett Dresden


Carl Gustav Carus: Zwischen zwei Grabkreuzen sitzende
Männer in Rückenansicht. Bleistift, 15,7 x 12,1 cm
Kupferstichkabinett Dresden

Carl Gustav Carus: Friedhof in Briesnitzer. 12. April 1822,
Bleistift, 25,1 x 21,7 cm Kupferstichkabinett Dresden

Die Kirche in Briesnitz, Blatt aus Sachsens Kirchen-Galerie
von Hermann Schmidt, 1837, Bd. 1, Müller, C. (Stecher) Arldt,
Carl Wilhelm (Autor), um 1837 Kupferstich-Kabinett

Freitag, 15. September 2017

Caspar David Friedrich Kalender am 16. September 2017: Wie ein verschleiertes Mädchen

Caspar David Friedrich: Elbschiff im Frühnebel. Um 1821, Öl auf Leinwand,
22,5 x 30,8 cm, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud Köln

Der September ist der erste Nebelmonat des Herbstes. Caspar David Friedrich hat den Nebel in der Wirkungsästhetik seiner Bilder gezielt eingesetzt und beschreibt diese Wirkung wie folgt:

Wenn eine Gegend sich in Nebel hüllt, erscheint sie größer, erhabener und erhöht die Einbildungskraft und spannt die Erwartung gleich einem verschleierten Mädchen.

Das Gemälde Elbschiff im Frühnebel gibt einen Eindruck wieder, den der in Dresden an der Elbe lebende Maler unzählige Male erfahren hat. Das Frachtschiff mit seinen Arbeitern auf der Elbe inmitten der aufsteigenden Nebelschwaden als geisterhaften Erscheinung im Bildzentrum regt die Vorstellungskraft an.

Die klar gezeichneten Weiden, das Schilf und zarte Blütenpflanzen schieben sich wie eine diagonale Barriere von Hyperrealität der fassbaren Welt zwischen den Betrachter und dem Unwägbaren der Veränderung, die der dahinziehende Nebel in jeder neuen Minute von der Landschaft, dem Fluss, dem Schiff und den Elbschiffern frei gibt. So offenbart das naturgemäß statische Bild einen Gegensatz von stiller Bewegungslosigkeit und großer Dynamik.