Montag, 29. August 2016

Caspar David Friedrich Kalender am 30. August 2016: Zwölf mal hat das kleine Wesen schon genießt

Caspar David Friedrich: Der Abendstern. 1835, Öl auf Leinwand,
32,5 x 45 cm, Freies Deutsches Hochstift Frankfurt am Main

Caspar David Friedrich ist am 30. August 1819 zum ersten Mal Vater. Seine Tochter Emma Johanna wurde in Dresden geboren. Emma heiratete 1838 Johann Andreas Robert Krüger. Der Maler schreibt am Abend der Geburt an seinen Bruder in Neubrandenburg.

Lieber Bruder Johann,

Eben schlägt es 12 Uhr es ist Mitternachtsstunde. Es ist alles stille um mich her, nur von Zeit zu Zeit schreit ein kleines Kind. Diesen Abend um 1/4 auf 10 gebahr meine Liena ein klein wohlgestaltetes Mädchen. Um 7 Uhr Abends strickte sie noch an einem Strumpf. Die Wehen folgten schnell aufeinander und mochten wohl heftig seyn, denn sie schrie einige mal sehr laut, daß es die Leute wohl auf der Gasse haben hören können; doch in den Zwischenräumen lachte sie und bat mich mich nur nicht zu ängstigen. Die Mutter scheint in diesem Augenblick zu schlafen und auch das Kind. Zwölf mal hat das kleine Wesen schon genießt und schrie und das recht laut in der selben Minute als es geboren war. Jetzt ist das Kind wieder wach und schreit und nießt und macht sich immer frei mit den kleinen Händen. Dies ist die wahrhafte und treu Lebensgeschichte des kleinen Mädchens ohne Nahmen. Der Nahme Johanna Clara ist ihr zugedacht. Unser Bruder Adolf steht gefatter und meine Schwiegermutter und die Frau des Bruders meiner Schwiegermutter.
Mache du die Niederkunft meiner Frau der ganßen Familie und auch den in Breesen bekannt [...]

Das Gemälde Der Abendstern zeigt Friedrichs Frau, Tochter und Sohn auf einem Hügel vor Dresden.

Sonntag, 28. August 2016

Caspar David Friedrich Kalender am 29. August 2016: Billige Neubrandenburger Wölfe

Caspar David Friedrich: Wölfe im Wald vor einer Höhle (Wolfsschlucht).
1798, Öl auf Leinwand (doubliert). 46 x 58,5 cm, Privatbesitz
Fundstück im August. Caspar David Friedrichs Gemälde Wölfe im Wald vor einer Höhle gehört zu jenen frühen Gemälden, deren Zuschreibung immer mal wieder angezweifelt wird. Das hatte sich auch bei der Versteigerung des Bildes 2015 in einer Auktion des Kunsthauses Lempertz gezeigt. Statt des vergleichsweise schon niedrigen Schätzpreis von 120.000,00 Euro ging das Gemälde an einen Bieter für lediglich 85.000 Euro.

Das Bild soll ein Geschenk des Künstlers an seinen Bruder Johann Samuel Friedrich in Neubrandenburg gewesen sein und sich bis 1928 in der Familie Friedrich befunden haben.

Weitere Informationen hier 

Samstag, 27. August 2016

Caspar David Friedrich Kalender am 28. August 2016: Im Tal der Wörter

Caspar David Friedrich: Ideale Gebirgslandschaft mit Wasserfall.
Um 1793, Sepia, Deckfarbe auf Papier, 50,1 x 69,8 cm, Essen, Privatbesitz
Joseph Wright of Derby starb am 28 August 1797 im Alter von 62 Jahren. Was hat der englische Maler mit Caspar David Friedrich zu tun?

Friedrich konnte nicht wissen, dass seine Kunstepoche einmal die der Romantik genannt würde. Gleichwohl stand am Anfang seiner Kunst der Begriff des Romantischen oder auch des Romanhaften, wie es im späten 18. Jahrhundert hieß. Vermutlich noch bevor der Maler die Akademie in Kopenhagen besuchte, entstand seine erste Landschaft mit dem Titel Ideale Gebirgslandschaft mit Wasserfall, datiert auf das Jahr 1793. 
Lange galt die Annahme, dass es sich bei der Sepia um die Darstellung des Amselfalls im Amselgrund in der Sächsischen Schweiz handelt. Heute wissen wir, diese Landschaft ist nach einem Text aus dem Buch Theorie der Gartenkunst von Christian Cay Lorenz Hirschfeld aus dem Jahr 1785 gearbeitet. Dort wird das Beispiel einer romantischen Landschaft in dem berühmten Tal von Dovedale im englischen Derbyshire beschrieben. 
Friedrich, der nie in England gewesen ist, war offenbar gefesselt von diesem Plot. Das romantische Tal zog im 18. Jahrhundert viele Künstler an, auch Joseph Wright of Derby, von dem das Gemälde Dovedale bei Mondlicht stammt. So sind wir heute in der Lage Friedrichs Bildkonstruktion aus einem Text, neben ein vor der Natur gemalten Bild und die Reallandschaft zu stellen. Später sind noch weitere Textbilder Friedrichs entstanden, wie Der Abend oder Das große Gehege

Joseph Wright of Derby: Dovedale bei Mondlicht. Um 1785, Öl auf Leinwand,
46 x 66 cm, Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

Ausschnitt der Reallandschaft: Derbyshire, Dovedale,
Lion Rock, Foto: Old UK Photos.com

Der Text zu dem Bild Ideale Gebirgslandschaft mit Wasserfall:

Das Thal ist zwo Meilen (engl.) lang, tief und schmal; beyde Seiten bestehen aus Felsen; und die Dowe, die zwischen ihnen durchfließt, verändert beständig ihren Lauf, ihre Bewegung, ihr Ansehen. Sie ist nirgends kleiner als dreyßig, und nirgends bis sechzig Fuß breit; gemeiniglich aber ohnegefähr vier Fuß tief; , dabey aber durchsichtig bis auf den Boden, ausgenommen wo sie unterhalb den Wasserfällen, die vollkommen helle sind, mit Schaum von dem reinsten weiß bedeckt ist. Diese Wasserfälle sind sehr zahlreich, aber auch sehr verschieden. An einigen Orten gehen sie gerade, an anderen aber schief über den Fluß; und wieder an andern nehmen sie nur einen Theil von ihm ein. [...] An einem besondern Ort kommen die beiden Seiten des Thlas beynahe zusammen, so daß kaum ein Durchgang für den Fluß übrig bleibt, welcher eingeschlossen und sich einen Weg durchkämpfend tobt, brauset und schäumt, bis er sich aus seinem Kerker durchgewunden hat. [...] Die Felsen verändern durch das ganze Thal hindurch so oft ihre Gestalt, als der Fluß seinen Lauf. An einem Ort verliert sich eine breite Fläche nach und fast in eine Spitze, an einem anderen hängt ein schwerer Gipfel weit herüber, und überschattet alle unter ihm befindlichen Gegenstände, bald siehet man die verschieden Figuren unordentlich unter einander geworfen; bald sind sie in schwache und dünne gerade aufwärtssteigende Spitzen, bisweilen zwey oder drey zusammen, bisweilen in einer größeren Anzahl, zerrissen. Auf der einen Seite des Thals sind sie gänzlich kahl; auf der andern stehet hin und wieder Gehölze; und die unermeßliche Höhe von beyden Seiten, nebst dem engen Raum zwischen ihnen, vermehret die Mannigfaltigkeit. Denn so oft die Sonne hinter der einen scheinet, so bildet sich ihre Gestalt deutlich und vollkommen auf der andern; die rauhe Fläche, worauf sie fällt, verändert die Schattirung, und ein starkes gebrochenes Licht stralet oft am Rande des dunkelsten Schattens; die Felsen behalten niemals lange eben dieselbe Figur und Lage, und sind sehr weit von einander abgesondert. Bald machen sie die Seiten des Thals durch steile Anhöhen, durch Klippen und Absätze; bald scheinen sie aus dem Boden heraufzusteigen, und sich rückwärts an den Berg zu lehnen; und bald stehen sie ganz im Freyen hervor, indem sie sich in ungeheure Pfeiler aufthür­men, oder in kegelförmigen auf die hundert Fuß hohen Figuren aufschießen. Einige sind durchaus feste und dichte; andere sind gespalten; und noch andere zerschmettert und untergraben, und diese werden auf eine wunderbare Art von abgebrochenen Stücken unterstützt, die, dem Augenscheine nach, der Last, die sie tragen, nicht angemessen sind. [...] Die einzige Spur von Menschen ist ein versteckter Fußsteig, der aber nur wenig ausgetreten ist; wie er dem auch nur selten, und zwar nur von denen besucht wird, welche die Neugierde reizt, die Wunder zu sehen, die sie von Dowdale haben erzählen hören. Es scheint in der That mehr ein Aufenthalt für eingebildete Wesen zu seyn; das Ganze hat das Aussehen einer bezauberten Gegend.

Freitag, 26. August 2016

Caspar David Friedrich Kalender am 27. August 2016: Uttewalder Schattenspiel

Caspar David Friedrich: Das Felsentor im Uttewalder Grund.
Um 1801, Sepia, 70,6 x 50 cm, Museum Folkwang Essen

Caspar David Friedrich zeichnete Ende August 1800 bei einer Wanderung zusammen mit dem Neubrandenburger Pastor Franz Christian Boll in der Sächsischen Schweiz bei Dresden das Felsentor im Uttewalder Grund. Daraus entstand diese großformatige Sepia, in der im Gegenlicht zur das Schattenspiel mit zwei Figuren inszeniert.

Das Felsentor ist bei einer Nationalparkwanderung zu besichtigen. Informationen hier.
Auch das Wandern auf dem Malerweg führt am Felsentor vorbei.

Donnerstag, 25. August 2016

Caspar David Friedrich Kalender am 26. August: Denkmal wieder aufgestellt

Das von Caspar David Friedrich entworfenen Denkmal für Franz
Christian Boll an der Neubrandenburger Marienkirche Foto: Detlef Stapf

Am 26. August 1997 wurde das Denkmal für den Pastor Franz Christian Boll an der Südseite der Marienkirche in Neubrandenburg wieder aufgestellt. Es war 1976 eingelagert worden. In dem Jahr beginnt die Stadt mit der Restaurierung der am Ende des Zweiten Weltkrieges stark zerstörten Marienkirche und der Architekt des Vorhabens reklamierte die notwendige Baufreiheit. Der Platz um die Marienkriche entspricht jetzt wieder dem Zustand des Jahres 1854, dem Jahr der Aufstellung. Das Denkmal ist eine touristische Landmarke geworden. Caspar David Friedrich war Urheber des Denkmalentwurfes. Bis in die Mitte der 1960 Jahre blieb diese Tatsache vergessen. 


Caspar David Friedrich: Entwurf für ein Denkmal
mit hohem Schaft, 
bekrönt mit eisernem Kreuz
(Denkmal für Pfarrer Franz Christian Boll). 1818, 

Bleistift, Feder, farbig angelegt auf bräunlichem
Papier,  ohne Maßstab, 
51,5 x 31,5 cm,
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 

Mittwoch, 24. August 2016

Caspar David Friedrich Kalender am 25. August 2016: Disqualifiziert und doch gewonnen

Caspar David Friedrich: Wallfahrt bei Sonnenuntergang. 1805,
Bleistift, Sepia, 40,5 x 62 cm, Weimar, Staatliche Kunstsammlungen

Am 25. August 1805 reicht Caspar David Friedrich die beiden Sepien Wallfahrt bei Sonnenuntergang und Sommerlandschaft mit abgestorbener Eiche für den Wettbewerb der Weimarer Kunstfreunde ein. Dafür erhält er die Hälfte des ersten Preises. Diese Auszeichnung war der erste nennenswerte Erfolg des Malers. Kurios an der Angelegenheit ist die Tatsache, dass sich Friedrich augenscheinlich nicht an die von Goethe und Heinrich Meyer gestellte Preisaufgabe hielt. Die Ausschreibung des Wettbewerbs sah  die Darstellung von Fabeln und Sagen über den Herkules vor. Damit war Friedrich eigentlich disqualifiziert. Goethe soll persönlich entschieden haben, dass dem Dresdner Maler ex aequo die Hälfte des Preisgeldes zugesprochen wird. Die anderen Wettbewebsteilnehmer zeigten sich empört. Wenn man aber die von Friedrich dargestellte Geschichte von den Fischern und den Mönchen am Tollensesee bei Neubrandenburg erzählt, gibt es deutliche Parallelen zur Sage, in der Herkules den Augias-Stall reinigt. Goethe hatte vielleicht mehr gewusst, als er zur Preisverleihung verkündete.
Das Wallfahrt-Blatt zeigt den Ort des Belvedere am Nordufer des Tollensesee, der im Mittelalter Prozessionsort der Prämonstratensermönche des Klosters Broda war. Die Sommerlandschaft zeigt den Ausichstpunkt bei Alt Rehse am Tollensesee.

Caspar David Friedrich: Sommerlandschaft mit abgestorbener Eiche.
1805, Bleistift, Sepia, 40,5 x 62 cm. Weimar, Staatliche Kunstsammlungen

Dienstag, 23. August 2016

Caspar David Friedrich Kalender am 24. August 2016: Friedrich in den Gazetten

Caspar David Friedrich: Zwei Männer bei Mondaufgang am Meer.
Um 1835, Sepia, 24,5 x 34,5 cm, Eemeritage St. Petersburg

In den Zeiten, da Caspar David Friedrich in Dresden als prominenter Maler galt, war er auch Thema in den Unterhaltungsblättern, die, wie das auch heute der Fall ist, über ihn Mutmaßungen oder Null-Nachrichten verbreiteten, die mit dem realen Geschehnissen wenig bis gar nichts zu tun hatten. Friedrich kam von einer Reise aus Greifswald und Neubrandenburg nach Dresden zurück. Ein anonymer Schreiber berichtet am 24. August 1809 den Lesern der Zeitung für die elegante Welt, der Maler 

[...]war diesen ganzen Sommer auf einer Ulyssischen Wanderschaft begriffen [...] Er ist aufgeheitert zurückgekommen. Er hat ja das Meer gesehen, dessen Anblick ja so gut reinigt und beruhigt, als nach Aristoteles Definition die Tragödie. Ich wollt, sie hätten die zwei Miniaturen von seinem Pinsel sehen können [...] In solchen Szenen, wo Grab und Wiedererstehen, Leben und Tod, Erstarrung und Erwärmung miteinander im Kampf liegen, wo über dem Verödeten und Vergänglichen das belebende und Ewigdauernde siegreich, wie der Gedanke über dem Stoff schwebt, ist unser F. ein unübertroffener Meister.

Bei dem Maler wird da schon nicht mehr zwischen Leben und Kunst unterschieden, seine Bilder als die Verstrickung des Einen in dem Anderen wahrgenommen. Der Autor dieser Zeilen ahnt nicht einmal ansatzweise von Friedrichs Erlebnissen in Mecklenburg und Schwedisch Pommern.