Donnerstag, 8. Oktober 2015

Caspar David Friedrich Kalender am 9. Oktober: Landschafter der Architektur

Carl Friedrich Schinkel: Mittelalterliche Stadt am Fluss.
1815, Alte Nationalgalerie Berlin
Am 9. Oktober 1841 starb Carl Friedrich Schinkel in Berlin, der in erster Linie als preußischer Baumeister, Architekt und Stadtplaner bekannt ist. Er war aber als Autodidakt auch ein begabter Maler, Grafiker und Bühnenbildner. Die Malerei betrieb Schinkel hauptsächlich in den Jahren von 1806 bis 1816, in einer Zeit, in der er kaum Aufträge als Architekt bekam. Mit Caspar David Friedrich verbindet Schinkel das Element der Gotik in der Landschaftsmalerei. Wie Friedrich thematisiert Schinkel in seinen Gemälden annähernd zeitgleich das Ideal der mittelalterlichen Stadt. Friedrich war der Architekt der Landschaft, Schinkel der Landschafter der Architektur.


Mittwoch, 7. Oktober 2015

Caspar David Friedrich Kalender am 8. Oktober: Der Voyeur

Caspar David Friedrich: Felsenstudien, recto:
Baumstudie mit Toilettenhäuschen. 7./8. Oktober,
12. Oktober, Feder in Schwarz, 24,1 x 19 cm,
Privatbesitz

Caspar David Friedrich zeichnete am 8. Oktober 1799 in Loschwitz bei Dresden neben einem alten knorrigen Baum ein Toilettenhäuschen mit leicht geöffneter Tür, hinter der eine Frau beim Verrichten ihrer Notdurft zu beobachten ist. Diese Art Voyeurismus kann man einer seltsam infantilen Phase des jungen Malers zuschreiben, die auch in den Briefen jener Zeit zu bemerken ist.

Dienstag, 6. Oktober 2015

Caspar David Friedrich Kalender am 7. Oktober: Shooting in Werther-Manier

Caspar David Friedrich: Zwei Mädchen vor einem Felsblock.
7. Oktober 1801, Feder und Pinsel, 18,5 x 11,9 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett
Am 7. Oktober 1801 entsteht von Caspar David Friedrichs Hand das letzte Bild aus einer Serie von lavierten Federzeichnungen, die Mädchen in einer Weise zeigt, die an die Illustrationen von Daniel Chodowiecki zu Goethes Werther erinnern. Der Maler hielt sich seit dem Spätsommer bei seiner Schwester Dorothea in Breesen auf. Anlass waren die Hochzeiten seiner Brüder Johann und Christian. Die Zeichnungen zeigen Mädchen des Dorfes im Gutspark von Breesen. Heute würde so ein Fotoshooting stattfinden. Die Mädchen posieren hier in Werther-Manier des vergangenen Zeitalters der Empfindsamkeit.

Dabei wäre Caspar David Friedrich im Herbst 1801 in Breesen in der Lage, sich in die Figur des Werthers hineinzuversetzen: Ein junger Mann, noch ohne festen Lebensplan, entflieht dem Stadtleben und kommt in ein idyllisches Dorf. Er genießt die Natur, streift umher und zeichnet, was ihm festhaltenswert erscheint. Sein vages Lebensziel ist, einmal Künstler zu werden. Er trifft auf eine junge Frau (namens Lotte), die allerdings schon vergeben ist ... Die Lotte in Goethes Briefroman könnte Friedrich in einer Schlüsselszene an seine Schwester Catharina erinnert haben. Der junge Wer­ther sieht Lotte zum ersten Mal von ihren acht jüngeren Geschwistern umringt, denen sie zum Abendbrot von einem Brotlaib Stück für Stück abschneidet. Er ist tief beeindruckt von dieser Szene, in deren Mittelpunkt ein schönes Mädchen steht, das eine Mutterrolle übernommen hat. Friedrich würde in dieser Lotte ein Frauenbild wie­derfinden, das seine Schwester Catharina bei ihm geprägt hat. Für welchen literarischen Stoff soll sich der junge Maler am Ende des 18. Jahrhunderts interessiert haben, wenn nicht für diesen? Also, wer könnte auf jenen Zeichnungen aus diesem Sommer Friedrichs Lotte gewesen sein?

Mehr zu dieser Geschichte in Caspar David Friedrichs verborgene Landschaften. Die Neubrandenburger Kontexte, Kapitel 1, "Heimat, Familie Frauenbild", S.26
 
Caspar David Friedrich: Studie einer sitzenden Frau vor Gebüsch.
 5. Oktober 1801, Feder, laviert, 18,6 x 12 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett

Caspar David Friedrich: Studie einer lesenden Frau.
6. Oktober 1801, Feder laviert, 18,6 x 11,9 cm, Dresden,
Kupferstichkabinett

Caspar David Friedrich: Freundinnen unter einem
Baum.6. Oktober 1801, Feder und Pinsel, laviert, 18,6 x 11,9 cm,
Dresden, Kupferstich-Kabinett

Montag, 5. Oktober 2015

Caspar David Friedrich Kalender am 6. Oktober: Ausguck auf Eislandschaften



Heute, am 6. Oktober 2015, 16 Uhr, wird im Greifswalder Caspar David Friedrich Zentrum die Ausstellung bewegen, Falte Fragment von Denise Winter eröffnet. Denise Winter gewann 2010 den Caspar-David-Friedrich-Preis und zeigt nun aktuelle Arbeiten in der Caspar-David-Friedrich-Galerie.

Zu sehen sind Bildobjekte aus Corian und grafische Arbeiten wie Schreibmaschinenzeichnungen, Projektionen und Installationen. Auf Caspar David Friedrich verweisen vor allem großformatige Camera-Obscura-Arbeiten, die 2011 vom Ausguck eines Forschungsschiff der Universtität Tromsø auf einer Fahrt um die Eislandschaft von Spitzbergen aufgenommen wurden.

Caspar David Friedrich Kalender am 5. Oktober: Ossians Gesänge

Caspar David Friedrich: Verschneite Hütte. 1827,
Öl auf Leinwand, 31 x 25 cm, Alte Nationalgalerie Berlin

Am 5. Oktober 1827 schreibt ein Anonymus in den Blättern für literarische Unterhaltung über die Dresdner Akademieausstellung u. a. über die Bilder von Caspar David Friedrich. Die Hilflosigkeit in der Interpretation lies damals auf die Dichtungen der Modeliteratur von Edward Young und James Macpherson Ossian zurückgreifen.

Wenn man die Werke dieses Künstlers [Dahl] wohl in jeder Hinsich mit Youngs Dichtungen vergleichen könnte, so wendet man sich von ihm leicht zu dem geistesverwandten Friedrich, dessen Erhabenheit oft auf Leere gegründet ist, welche aber, in wundersame Harmonie des Farbtones getaucht, durch große hingeworfene Andeutungen das poetische Gemüt mehr ahnen und erraten läßt, als Fülle und bestimmte Gestaltung zu geben vermögen. Daß der Beschauer von den Werken dieses Künstlers gezwungen wird, selbst zu dichten, um sie zu ergänzen, gibt ihnen gerade einen so eigenthümlichen Zauber. Ganz so erscheint sein großes Gemälde der Osteseestrand, [...]
Seine beiden kleineren Stücke, die verfallene Hütte unter dem Schnee und das dunkle Gewölbe, sind in demselben Geist gedichtet und mahnen an ähnliche kurze Episoden in Ossians Gesängen.


Samstag, 3. Oktober 2015

Caspar David Friedrich Kalender am 4. Oktober: Die Kunst ist ein ernstes Spiel

Friedrich August von Klinkowström: Kreuzigung.
1808, Feder, Aquarell, 43,5 x 36,5 cm, Privatbesitz
Der Franzosenhasser Caspar David Friedrich konnte sich während der Zeit der Besetzung Deutschlands durch Napoleon nicht vorstellen, dass ein deutscher Künstler in Paris studieren kann. Am 4. Oktober 1808 schrieb er an Philipp Otto Runge über dem gemeinsamen Freund Friedrich August von Klinkowström:

Es thut mir leid um unseren Klinkowström, daß er jetzt auf Irrwegen ist, und da die Kunst zu finden glaubt, wo höchstens nur Künsteley zu Hause seyn kann. Die Kunst mag ein  Spiel seyn, aber sie ist ein ernstes Spiel; wer sie da zu finden glaubt, wo sie K. zu finden gedenkt, hält sie für ein Puppenspiel!

Klinkowström wollte bei dem berühmten Historienmaler Jacques-Louis David studieren, zu dessen Kunst Friedrich überhaupt keinen Zugang hatte.

Philipp Otto Runge: Bildnis Friedrich August
von Klinkowström. 1808, Öl auf Leinwand,
64 x 48 cm, Kunsthistorisches Museum Wien

Caspar David Friedrich Kalender am 3. Oktober: Wie Ameisen in der Landschaft

Caspar David Friedrich: Herbstlandschaft mit Reisigsammler. Um 1824,
Öl auf Leinwand, 22 x 30,5 cm, 1931 im Münchner Glaspalast verbrannt
Caspar David Friedrich schreibt am 3. Oktober 1825 an seinen Bruder Christian in Greifswald:

Ich habe seit seit einiger Zeit mehrere kleine Bilder und Zeichnungen verkauft.

Dabei handelt es sich u. a. offenbar um die kleinen Gemälde Herbstlandschaft mit Reisigsammler, Einsames Haus am Kiefernwald und Sonnenuntergang hinder der Dresdner Hofkirche.

Nur bei einem Bild, dem Einsamen Haus am Kiefernwald, ist der Käufer oder besser, die Käuferin, sicher bekannt, die Schriftstellerin Ida Hahn-Hahn auf Schloss Basedow in Mecklenburg. Die Gräfin war eine ausgesprochene Förderin des des Malers und hat einige seiner Gemälde und Zeichnungen gekauft. Friedrich kannte die junge Ida Hahn aus Neubrandenburg, als sie dort mit ihrer Mutter wohnte.

Die Herbstlandschaft mit Reisigsammler ist sehr wahrscheinlich vom Prinzen Wilhelm von Preußen erworben worden, weil es Jahrzehnte in seinem Schloss Fischbach im Riesengebirge (heute ein interessantes Hotel) hing. Das kleine Gemälde besaß für die damalige Zeit für den außenstehenden Betrachter eine große ästhetische Faszination, denn im Herbst waren unzählige arme Leute in der nebligen Landschaft wie Ameisen unterwegs, die für den Winter Reisig sammelten. Es war das typische Herbstbild an sich, vielleicht sogar eine schlesische Landschaft.

Caspar David Friedrich: Einsames Haus am Kiefernwald, um 1830/37,
19 x 25,5 cm, Öl auf Leinwand, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

Caspar David Friedrich: Abend. Abend (Sonnenuntergang
hinter der Dresdener Hofkirche), 1824, Öl auf Leinwand,
20,8 x 24,7 cm, Staatliche Kunstsammlungen Dresden