Freitag, 6. Oktober 2017

Caspar David Friedrich Kalender am 7. Oktober: Shooting in Werther-Manier

Caspar David Friedrich: Zwei Mädchen vor einem
Felsblock. 7. Oktober 1801, Feder und Pinsel,
18,5 x 11,9 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett

Am 7. Oktober 1801 entsteht von Caspar David Friedrichs Hand das letzte Bild aus einer Serie von lavierten Federzeichnungen, die Mädchen in einer Weise zeigt, die an die Illustrationen von Daniel Chodowiecki zu Goethes Werther erinnern. Der Maler hielt sich seit dem Spätsommer bei seiner Schwester Dorothea in Breesen auf. Anlass waren die Hochzeiten seiner Brüder Johann und Christian. Die Zeichnungen zeigen Mädchen des Dorfes im Gutspark von Breesen. Heute würde so ein Fotoshooting stattfinden. Die Mädchen posieren hier in Werther-Manier des vergangenen Zeitalters der Empfindsamkeit.

Dabei wäre Caspar David Friedrich im Herbst 1801 in Breesen in der Lage, sich in die Figur des Werthers hineinzuversetzen: Ein junger Mann, noch ohne festen Lebensplan, entflieht dem Stadtleben und kommt in ein idyllisches Dorf. Er genießt die Natur, streift umher und zeichnet, was ihm festhaltenswert erscheint. Sein vages Lebensziel ist, einmal Künstler zu werden. Er trifft auf eine junge Frau (namens Lotte), die allerdings schon vergeben ist ... Die Lotte in Goethes Briefroman könnte Friedrich in einer Schlüsselszene an seine Schwester Catharina erinnert haben. Der junge Wer­ther sieht Lotte zum ersten Mal von ihren acht jüngeren Geschwistern umringt, denen sie zum Abendbrot von einem Brotlaib Stück für Stück abschneidet. Er ist tief beeindruckt von dieser Szene, in deren Mittelpunkt ein schönes Mädchen steht, das eine Mutterrolle übernommen hat. Friedrich würde in dieser Lotte ein Frauenbild wie­derfinden, das seine Schwester Catharina bei ihm geprägt hat. Für welchen literarischen Stoff soll sich der junge Maler am Ende des 18. Jahrhunderts interessiert haben, wenn nicht für diesen? Also, wer könnte auf jenen Zeichnungen aus diesem Sommer Friedrichs Lotte gewesen sein?

Caspar David Friedrich: Studie einer sitzenden Frau vor Gebüsch.
5. Oktober 1801, Feder, laviert, 18,6 x 12 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett
Caspar David Friedrich: Studie einer lesenden Frau.
6. Oktober 1801, Feder laviert, 18,6 x 11,9 cm, Dresden,
Kupferstichkabinett
Caspar David Friedrich: Freundinnen unter einem
Baum.6. Oktober 1801, Feder und Pinsel, laviert,
18,6 x 11,9 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett

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